Freie Stimmen – Der Gitarrist Mahan Mirarab hat den Jazz in Teheran entdeckt

Manche Fragen, die eigentlich nahe liegen, stellt man Musikern in Interviews so gut wie nie. Zum Beispiel: Wie bist du eigentlich zum Musiker geworden? Die Frage ist so banal und zugleich so persönlich, dass man es lieber lässt. Aber Mahan Mirarab, der -Gitarrist und Komponist aus Wien, der 2009 aus Teheran kam und längst global operiert, auch in Berlin arbeitet und weltweittourt, ist so ein freundlicher und begeisterter Typ, dass man sie ihm stellen muss.

»Ich habe das nie geplant. Ich habe schon als kleines Kind in Bābol, das ist eine Stadt im Norden des Iran, Musik gespielt, zunächst Klavier, und habe auch, wie alle iranischen Schulkinder, traditionelle iranische Musik gelernt. Gitarre habe ich mir selber beigebracht, das war schon in der Jazz-Community in Teheran.« Mirarab ist 39 Jahre alt und hat Architektur studiert, aber nie in dem Beruf gearbeitet, die Musik wurde ihm einfach immer wichtiger. Genauer: Jazz und Improvisation.

Besagte Community in Teheran war der entscheidende Katalysator, eine kleine, verschworene, hingebungsvolle Szene, wie er sagt. »Wir hatten noch in den 90ern kaum Zugang zu Musik. Manchmal konnten wir Kassetten finden, ich habe zum Beispiel eine von Chick Corea gefunden, ›Return to Forever’. Wir haben die Musik komplett transkribiert. Das war die einzige Möglichkeit, Jazz zu lernen. Andere besaßen Kassetten von Bud Powell oder Charlie Parker — die haben wir auch transkribiert. Heute ist die Situation im Iran offener, es ist kein Problem mehr, an Jazzaufnahmen zu kommen.« Dennoch, die Szene musste er verlassen: »Irgendwann wollte ich loslassen. Ich war sehr in dieser Community verwurzelt, es war ein Ort, wo wir alle die gleichen musikalischen Ideen, die gleiche Weltanschauung hatten. Es war nicht einfach für mich, sich davon zu lösen, weil unsere Verbindung doch sehr eng war. In Wien war ich zunächst ganz auf mich gestellt. Ich habe das als Chance begriffen, neu zu denken.« Er lacht: »Aber ich habe aus Teheran viele Ideen mitgenommen, das hat geholfen.«